Samstag, 8. Oktober 2016

Gläsernes Schwert

Victoria Aveyard


Den zweiten Teil dieser Saga habe ich an einem einzelnen Tag gelesen, die Geschichte entwickelt sich hier so rasant und spannend, dass dies für sich alleine genommen schon einen recht starken Kontrast zum ersten Teil darstellt.

Ich muss hier an dieser Stelle jeden enttäuschen, der gedacht hat, für Mare geht es jetzt wieder bergau denn das ist definitiv nicht der Fall. Sie und Cal müssen gemeinsam ihren Platz in der veränderten Welt suchen. Sie schließen sich der Scharlachroten Garde an, erleben hier jedoch einige Enttäuschungen. Während Maven Schrecken verbreitet, machen sie sich gemeinsam auf die Suche nach den anderen Roten mit besonderen Begabten, denen die flotte Bezeichnung Neublüter verliehen wird. Natürlich möchte ich nicht zu viel verraten, doch so viel darf gesagt sein: Trotz beeindruckender neuer Fähigkeiten, über die zu lesen sehr spannend war, wird die Handlung sehr düster. Denn Maven setzt alles daran, sie aufzuhalten und die Gruppe wird mit grausamen und schmerzhaften Begebenheiten konfrontiert. 

Während Cal nach dem Tod seines Vaters immer weiter in einem Loch versinkt, schafft es Mare zu Anfang noch, sich voll auf die neue Aufgabe zu konzentrieren. Sie muss jedoch bald feststellen, dass sie viel mehr verloren hat, als sie zunächst bemerkt hat und auch hier wird bald deutlich, wie gebrochen sie ist. Der Verrat von Maven hat sie zutiefst erschüttert und ihre feste Überzeugung Jeder kann jeden verraten ist eindeutig nicht dazu angetan, ihr Leben zu erleichtern. Es wird deutlich, wie jung Mare doch eigentlich noch ist und welche Spuren die Kämpfe hinterlassen. Gerade auch die unten stehende Passage zeigen, mit welcher Unsicherheit sie zu kämpfen hat. 

Das junge Mädchen, das ich sehe, ist ir ebenso fremd wie vertraut - Mare, Mareena, die Blitzwerferin, die Rote Königin und nichts von alledem.
...
Sie ist nicht siebzehn, sondern alterslos, silbern und doch nicht silbern, rot und doch nicht rot, menschlich - und doch wieder nicht. (...) Eine Puppe, die jede Form annehmen kann, nur nicht ihre eigne. 
Schuldgefühle auch Cal gegenüber, begleiten sie und der Gedanke daran, dass Maven ohne sie seinen Plan niemals hätte durchführen können, lässt sie nicht los. Die zarten Gefühle, die sich zwischen ihr und Cal entwickelt haben, sind zerbrochen und dennoch verbindet die beiden noch mehr als nur der blanke Gedanke an Rache. Mare versucht, Cal wieder aufzubauen und ist doch selbst zerbrochen.

Ich habe ihn umgebracht, so wie ich Mareena umgebracht habe.
Der zweite Band führt uns durch Schmerz, Verlust und Angst, macht jedoch auch Hoffnung darauf, dass die Scharlachrote Garde eine neue Welt erschaffen könnte. Die Auswirkungen des Regimes und der Entwicklung, die die Gesellschaft genommen hat, werden beklemmend dargestellt und es gibt hier allgemein sehr wenig positives für die Blitzwerferin. Dennoch gibt es durchaus auch angenehme Begegnungen und über allem die unerschütterliche Hoffnung, Leben zu retten. 

Mare rettet Menschen.

Interessant sind abgesehen von den Reaktionen unserer Hauptfigur auf technische Errungenschaften wie U-Boote und Flugzeuge  auch die vielen neuen Charaktere, die auftauchen und sofort mit den Alten interagieren und dadurch eine wiederum lebendige Atmosphäre schaffen. Große Gruppen von Menschen um den Hauptcharakter herum darzustellen, ohne zu viele Ablenkungen zu schaffen oder aber zu wenig auf sie einzugehen, beherrscht die Autorin. Wir erhalten einen Eindruck der vielen Facetten, aus denen ein jeder Mensch besteht und so sind die auftauchenden Konflikte - denn wie sollten keine Konflikte auftreten, wenn man sich eine neue Armee zu schaffen versucht? - nachvollziehbar und ermöglichen es sogar, nicht immer auf Mares Seite zu stehen. Dennoch bleibt Hoffnung auch auf eine Beziehung zwischen dem gefallenen Prinzen und der Roten Königin, denn trotz aller deprimierenden Gedanken knistert es hin und wieder durchaus. Auf ein obligatorisches Liebesdreieck mit Kilorn wird verzichtet, was meinerseits überaus begrüßt wird - es ist doch mit Mares Gefühlen für den "alten" Maven schon kompliziert genug. 

Wie im ersten Teil gibt es auch hier Verrat und Hass und das Ende lässt die Leser erneut durstend auf den nächsten Teil warten...

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