Freitag, 28. Oktober 2016

Blauer Montag

Nicci French


In diesem Krimi lässt uns Nicci French mit lockerem Schreibstil ihrer Protagonistin, der toughen Psychotherapeutin Frieda Klein, in eine Geschichte voller Spannung und erschreckend zutreffender Grausamkeit folgen.

Zu Beginn werden die Ereignisse nach der Entführung der kleinen Joanna geschildert. Der Fokus liegt hierbei hauptsächlich auf ihrer Familie, bezieht jedoch ebenfalls die Medien und die Polizeiarbeit mit ein. Zwanzig Jahre später ist dieser Fall immer noch ungelöst, als der kleine Matthew verschwindet. Einem Bauchgefühl folgend zieht Detective Karlsson hier eine Parallele und kann es zunächst gar nicht glauben, als Dr. Klein ihn auf eine heiße Spur bringt: Einer ihrer Patienten träumt davon, einen Sohn zu haben, der genau der Beschreibung des entführten Kindes entspricht. Zwanzig Jahre zuvor hatte er schon einmal ähnliche Gedanken - doch hat der unscheinbare und gequälte Allan Decker wirklich etwas damit zu tun?

Die Figuren werden allesamt mit ihren positiven, vor allem aber ihren negativen oder schwachen Charakterzügen dargestellt - denn vor Frieda können sie ohnehin nicht viel verbergen. Auch Friedas Innenleben ist voll von kaleidoskopartigen Gefühlsregungen, die die Autorin mit ihren einfachen und dennoch sehr ausgearbeiteten Beschreibungen wunderbar überzeugend wiedergibt. Friedas Gefühle in Bezug auf ihre Wohlfühloase zuhause und die Verantwortung, die sie ihren Patienten gegenüber empfindet, geben dem Leser bereits ein erstes Gefühl für diese Figur. So sind auch die weiter auftauchenden Gefühle gegenüber ihrem Liebhaber, ihrer Nichte oder auch ihrem ehemaligen Ausbilder gegenüber für den Leser einfach zu verstehen. Pluspunkte muss man dafür geben, dass Frieda eben nicht übermäßig emotional wird und mit ihrer abgeklärten und ruhigen Person dem Roman bereits eine passende Grundstimmung vermittelt. Überaus sympatisch und durch ihre Ecken und Kanten eben perfekt ausgearbeitet werden auch Detective Karlsson und Friedas Ausbilder dargestellt. Kurzzeitig darf in ihre Perspektive eingetaucht werden, um durch einen weiteren Blickwinkel die Handlung voran zu treiben. Nebenfiguren wie Friedas Schüler oder ihre Familie runden die Geschichte ab, um nicht lediglich auf den Kriminalfall fokussiert zu bleiben und somit sowohl für eine gewisse Ablenkung als auch für einige Atempausen zu sorgen. 

Der Fall an sich ist sehr durchdacht aufgeschlüsselt und die Handlung bleibt flüssig, ohne hier in irgendeiner Form gezwungen zu wirken. Hervorheben muss man ebenfalls die Abschnitte aus der Perspektive des kleinen Matthew und des Martyriums, das er erleben muss, während die Polizei ihn bereits für verloren hält und nicht mehr an eine Rettung glaubt. Wie der kindliche Charakter auf die Situation reagiert zeigt einerseits das Schreibtalent der Autorin und gibt dem Leser andererseits einige interessante Informationen über seinen Entführer.

Bis zum Ende ist der Roman spannend und wartet auch in den letzten Seiten noch mit einem großen Schock auf. Dabei bleibt die Autorin realistisch, in dem sie gerade auch am Ende des Romans noch einmal zeigt, welches Leid durch die Entführung nicht nur die unmittelbar betroffenen durchmachen müssen. 

Dieser gelungene Auftakt macht auf jeden Fall Lust auf mehr und ich werde mir definitiv auch den nächsten Band zulegen!

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